Roswitha-Literaturpreis
Der Roswitha-Literaturpreis der Stadt seit 1973
Die Kanonisse Roswitha von Gandersheim lebte von ca. 935 bis ca. 980 im Stift Gandersheim. Sie gilt als erste deutsche und erste christliche Dichterin des Abendlandes. Das Stift Gandersheim ist die kulturelle Errungenschaft der sächsischen Liudolfinger, die es mit Heinrich I zum ersten sächsischen ostfränkischen König (919) bringen. Heinrich schafft das erste deutsche Reich, seine Nachfahren das Heilige Römische Reich Deutscher Nation.
Roswitha Literaturpreis Zeichnung© Stadt Bad Gandersheim
Das Stift Gandersheim, gegründet 852, ist die kulturelle Basis für den Aufstieg der Liudolfinger. Da das Christentum das Wissen über den neuen Gott in einem Buch festhält, der Heiligen Schrift, werden mit der Christianisierung durch Lese- und Schreibkenntnisse die Wissenschaften der alten Schriftkulturen Roms und Griechenlands wiederentdeckt.
Mehr als 100 Jahre nach dem Ende der grausamen Sachsenkriege kann sich so Roswitha in Ruhe im Stift ihrer Arbeit widmen. Sie schreibt Heiligenlegenden, Dramen und zwei historische Werke. Ihre Arbeit ist dem neuen Glauben gewidmet und dem Geschlecht, dem sie angehört oder nahesteht, den Liudolfingern.
Ihre Heiligenlegenden sind heute nicht leicht zu verstehen, da sie auf einem heute recht naiv wirkenden wundergläubigen Christentum beruhen. Mit ihrer Theophilus-Legende ist Roswitha aber die erste, die den Urstoff des Fausts bearbeitet.
Ihre Dramen werden in ihrer theaterlosen Zeit im Stift bei Mahlzeiten gelesen. Sie orientieren sich stilistisch an Terenz, einem römischen Komödiendichter. Roswitha schreibt über Lust und Laster, bei ihr siegt aber stets der Glaube.
Ihre historischen Werke sind unersetzlich für die Mittelalterforschung. „Gesta Ottonis“ schildert das Leben Kaisers Ottos des Grossen, Sohn des ersten deutschen Königs Heinrich I.
Ihr Lied „Von den Ursprüngen des Stiftes Gandersheim“ schildert das Entstehen des Stiftes und den Aufstieg der Gandersheimer Liudolfinger zu Königstum und Kaiserschaft. Es ist das verständlichste und eindringlichste ihrer Werke.
1973, tausend Jahre, nachdem der helle Klang von Gandersheim, so Hrotsvith auf hochdeutsch, verstummte, stiftete die Stadt Bad Gandersheim die „Roswitha-Medaille“ als reinen Frauen-Literaturpreis, der bis in die 1990er Jahre am letzten Freitag der Buchmesse im Frankfurter Römer an eine lebende deutschsprachige Schriftstellerin für ein Lebenswerk vergeben wurde.
In den 90er Jahren gab es eine Reform: Der Preis wurde in „Roswitha-Preis“ umbenannt und in Bad Gandersheim – Roswitha’s Heimat – verliehen. Mit dem Preis können jetzt auch bedeutende einzelne Werke aus den Wissenschaften, mit denen sich Roswitha beschäftigte, ausgezeichnet werden - und die Autorin muss nicht unbedingt deutschsprachig sein, sondern Europäerin.
Wichtig ist, die Jury arbeitet nach wie vor völlig unabhängig von der Politik. Auch die Preisträgerin des Vorjahres gehört der Jury an.
Preisträgerin 2021: Emine Sevgi Özdamar
Aktuelle Preisträgerin für das Jahr 2021 ist die in Berlin lebende Autorin Emine Sevgi Özdamar verliehen worden. Im historischen Kaisersaal der ehemals reichsfreien Abtei Gandersheim überreichte Bürgermeisterin Franziska Schwarz den mit 5.500 Euro dotierten Auszeichnung.
Emine Sevgi Özdamar ist in der Türkei aufgewachsen. Von 1967 bis 1970 besuchte sie die Schauspielschule in İstanbul und übernahm anschließend erste professionelle Theaterrollen in der Türkei. Seit 1971 lebt sie in Deutschland, erste Theaterstation war 1976 für eine Regieassistenz an der Volksbühne in Ost-Berlin. Von 1979 bis 1984 hatte sie ein Festengagement als Schauspielerin und Regieassistentin am Schauspielhaus Bochum unter der Leitung von Claus Peymann.
Emine Sevgi Özdamar trat als Schauspielerin auch in Filmen auf, unter anderem 1992 in dem mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten „Happy Birthday, Türke!“, der Literaturverfilmung des gleichnamigen Kriminalromans von Jakob Arjouni durch Doris Dörrie.
Neben ihrer Tätigkeit als Schauspielerin schrieb Özdamar auch Theaterstücke, Romane und Erzählungen. Ihr jüngster in 2021 erschienener Roman „Ein von Schatten begrenzter Raum“ war für die Entscheidung der „Roswitha-Preis-Jury“ maßgeblich.
In der Begründung der Jury heißt es: „Es ist einer von vier großen Romanen, deren Weltwahrnehmung geprägt ist von vielfältigen Theatererfahrungen und den existenziellen Risiken, denen sich die Autorin ausgesetzt hat – mit ihrer ganzen Leidenschaft, ihrer enormen Energie, ihrer Fantasie, ihrem Witz, ihrer Menschenkenntnis und auch der daher rührenden Melancholie. Für all dies findet sie in ihren Romanen, Erzählungen und Theaterstücken eine eigene, unverwechselbare Sprache. Emine Sevgi Özdamar ist eine große Schriftstellerin, die uns vor Augen führt, was uns Menschen möglich ist und was wir verlieren, wenn wir vergessen.“
Die Verleihung wurde erneut durch die Stiftung Niedersächsischer Volksbanken und Raiffeisenbanken in Norddeutschland, die Volksbank e.G. in Bad Gandersheim, die Paracelsus-Kliniken Bad Gandersheim sowie den Energienetz-Betreiber Avacon Netz GmbH gefördert.
Dokumente
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Übersicht Roswithas Werke (229 kB) |
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Übersicht aller Roswitha-Preisträgerinnen (11 kB) |
Infobereich
Ansprechpartner
- Herr M. Kielhorn
Geschäftsbereichsleiter - Tourismus, Kultur und Gesundheit | ChefredakteurRathaus - Stadt Bad Gandersheim, Zimmer 5 // EG
Markt 10
37581 Bad Gandersheim
Telefon: 05382 73-110
Telefax: 05382 73-170
E-Mail: kielhorn@bad-gandersheim.de
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- Fr, 20.05.2022, 11:00 - 17:00 UhrRoms Legionen auf dem Marsch - eine Erlebnisausstellung 14.05.22 - 23.10.22Kloster Brunshausen, Portal zur Geschichte, Bad GandersheimPortal zur Geschichte
- Sa, 21.05.2022, 10:00 - 11:00 UhrStift - Stadt - Schloss ; öffentliche Stadtführung (jeden Samstag) ; Treffpunkt Touristinformation, Anmeldung erforderlichAltstadt, Stiftsfreiheit, Bad GandersheimTourist-Information
- Sa, 21.05.2022, 11:00 - 17:00 UhrRoms Legionen auf dem Marsch - eine Erlebnisausstellung 14.05.22 - 23.10.22Kloster Brunshausen, Portal zur Geschichte, Bad GandersheimPortal zur Geschichte
- Sa, 21.05.2022, 14:00 - 15:00 Uhr„Starke Frauen – Feine Stiche und barocke Pracht“ - öffentliche Führung durch die Klosterkirche und das Sommerschloss BrunshausenKloster Brunshausen, Portal zur Geschichte, Bad GandersheimPortal zur Geschichte
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